26.01.2024 06:00
Die Chilis für die Playoffs scharf «getuned»
Die Unihockey-Frauen von Chilis Rümlang-Regensdorf schlossen die Qualifikation der Nationalliga B im 6. Rang ab. Für den Vorjahres-Finalisten beginnen am Samstag die Playoffs mit der Best-of-5-Viertelfinalserie bei Qualifikationssieger Waldkirch-St. Gallen.
Rümlang/Regensdorf. Der NLA-Absteiger Waldkirch-St. Gallen hat mittels Wahlverfahren einen Gegner aus der unteren Playoff-Tableauhälfte (Ränge 5 bis 8) auswählen können und entschied sich für das Team aus dem Zürcher Unterland. Ein Umstand, der als «Scharfmacher» für die Chilis ausgelegt werden kann. Zumal die Chilis ihre starken Playoffs vom Vorjahr wiederholen wollen. In der Entscheidungsphase der letzten Saison hatten die Chilis im Halbfinal den damaligen Qualifikationssieger Appenzell mit 3:0 Siegen ausgeschaltet. Im Final unterlag man dem nachmaligen Aufsteiger Aergara Giffers mit 1:3 Siegen.
Mentaltrainerin Sabine Beutler (53), die seit drei Jahren als Mentaltrainerin bei den Chilis tätig ist und deren Sohn Pascal in der NLB für die Kloten-Dietlikon Jets stürmt, gibt vor dem Duell gegen die St. Gallerinnen eine Einschätzung ab.
«Rümlanger»: Der 6. Rang am Ende der Qualifikation entspricht nicht ganz den eigenen Erwartungen und Zielsetzungen. Woran lag es, dass auch der Start in diese Saison nicht optimal verlief und die Qualifikation um zwei Ränge schlechter als im Vorjahr abgeschlossen wurde?
Sabine Beutler: Vom missratenen Start erholte man sich zwar. Doch es fehlte ein wenig die Konstanz im Vergleich zur Vorsaison. Und ich denke, dass dies auch darauf zurückzuführen ist, dass während der Saison nur noch zweimal statt dreimal trainiert werden konnte. Dies wegen Hallenbelegungs-Engpässen im Winter. Auf diesem Level macht sich dies halt schon bemerkbar. Das Problem ist, dass kaum Hallentrainings-Möglichkeiten zu einer akzeptablen Zeit möglich sind. Es fiel vorab der Montag-Termin aus.
Ist es eine zusätzliche Motivation, dass Waldkirch-St. Gallen nun die Chilis ausgewählt hat? Im vorletzten Qualifikationsspiel verloren die Chilis auswärts gegen diesen Gegner unlängst mit 3:7, daheim Ende September mit 2:4.
Das kann man so sehen. Aber ich denke, dass die Chilis meines Erachtens im letzten Duell gegen dieses Team sehr gut performt hatten - trotz der Niederlage. Für mich war es das schönste Spiel, das ich von den Chilis je gesehen hatte. Vom Zusammenspiel und von der Art her wie fokussiert die Spielerinnen waren. Sie liessen sich nicht durch äussere Faktoren ablenken, sei dies durch den Schiedsrichter, das Publikum oder den Gegner. Es gab dann zehn Minuten im Mitteldrittel, in denen die Chilis etwas nachliessen. In dieser Phase führten die Gastgeberinnen auch die Entscheidung in dieser Partie herbei. Danach war die Leistung aber wieder sehr gut. Und dies können die Chilis auch mitnehmen. Ich denke auch, dass wir gegen diesen Gegner den Ball selbst mehr laufen lassen sollten, um etwaige läuferische Vorteile der Gegnerinnen zu reduzieren.
Die Chilis hatten zu Beginn der Saison als eigenen Anspruch ausgegeben, sich auf Augenhöhe mit Waldkirch-St. Gallen befinden zu wollen... Aber St. Gallen sieht das selbst nicht so, andernfalls hätte man die Chilis nicht als Gegner ausgewählt...
Jetzt können die Chilis die Augenhöhe früher austragen... Ich sehe es aber etwas anders. Ich denke, dass sie das Gefühl haben, dass ihnen die Chilis spielerisch liegen. Die beiden Teams duellieren sich eher auf der spielerischen Ebene. Und die St. Gallerinnen könnten sich natürlich auch getäuscht haben, die Chilis auszuwählen. Wir hatten noch ein paar Einzelgespräche mit Spielerinnen, die ins Team hineinspielen und der Erhöhung der Motivation dienen. Untereinander den Zusammenhalt suchen und stärken, das ist wichtig. Wir haben schon alles erlebt im Unihockey. Die Chilis müssen sich nicht verstecken. Die Substanz ist vorhanden, um auch die St. Gallerinnen bezwingen zu können.
Welche Faktoren führten im Vorjahr zu den erfolgreichen Playoffs?
Gute Kommunikation auf dem Feld und der Zusammenhalt des Teams. Sich an den inneren Werten richten, sich weniger durch die äusseren Faktoren beeinflussen lassen. Den Selbstwert wieder in Erinnerung rufen. Wir haben da ein Tool, das uns demonstriert, dass wir eigentlich zu mehr fähig sind, als wir selbst denken. Es ist eine kleine Übung, die uns daran erinnert, dass wir mit dem Glauben, es schaffen und auch wirklich entsprechend umsetzen können. Dazu braucht es ein Bewusstsein, dass mit kontinuierlichem Training aktiviert werden muss. Auf Unihockey-Teamebene umgesetzt heisst dies: Die anderen kochen mit Wasser, wir kochen mit Wasser. Und wenn ich alles gebe, werden wir sehen, was dabei herauskommt.
In welchen Bereichen erkennen Sie die Stärken und Schwächen von Waldkirch-St. Gallen?
Wenn man beginnt, sich mit dem Gegner zu befassen, dann ist man nicht bei sich selbst. Wichtig ist, dass man das bestmögliche Spiel als Spieler spielen kann am betreffenden Tag. Daran arbeiten wir in der Persönlichkeits-Entwicklung. Und stelle mir als Spielerin unter anderem Fragen wie: Was brauche ich, damit ich mich heute fit fühle? Es gilt, an den Ressourcen anzudocken, die man sich das ganze Jahr hindurch erarbeitet hat. Man muss am Spieltag möglichst nah an den Punkt kommen, optimal zu performen. Das ist reine Übungssache.»
Es gibt im Team-Sport unterschiedliche Herangehensweisen beim Mental-Coaching für die Spieler. Es gibt Teams, die dies den Spielern persönlich überlassen. Das heisst, dass es keine Gesamt-Teamsitzungen in diesem Bereich gibt. Wohl auch, weil die Autorität des Trainers nicht untergraben werden soll. Bei den Chilis verhält es sich aber nicht so...
Einmal im Monat ist das ganze Team anwesend. Es muss auch ein Raum geöffnet werden, in dem Sachen angesprochen werden. Es geht da auch um Teambuilding, beispielsweise Grüppchen-Auflösung beziehungsweise Zusammenführung von Beginn an. Also Interaktionen bei der Integration von neuen Spielerinnen beachten. Bei den Chilis habe ich mit Trainer Stephan Mock ein ausgezeichnetes Verhältnis. Er arbeitet sehr gut und gerne mit mir zusammen. Er hat seinen und ich meinen Part. Wir respektieren dies und ergänzen uns. Ich mische mich nicht in Trainerangelegenheiten ein. Wenn ich mit dem Team arbeite, bin ich mit den Spielerinnen alleine – ohne Trainer.
Was sagen Sie zu Spielerinnen, die weniger Einsatzzeit erhalten?
Das Ziel da ist es, den Selbstwert einer Spielerin zu stärken. Das heisst, dass sie extrem gerne performt, wenn sie auf dem Feld zu ihrem Einsatz kommt und mit ihren Gedanken nicht Selbstzweifeln nachhängt. Sie soll dem Trainer zeigen können, dass er auf sie zählen kann. Was und wie kann ich mich so in ein positives Mindset bringen? Denn wenn man einmal in einer Negativspirale drin ist und teilnahmslos ist, wird es schwierig, da wieder rauszukommen. Das Ziel muss es deshalb sein, dass die Spielerin sich nicht selbst unter Druck setzt, sondern die Möglichkeit zur Performance positiv und gar als Erleichterung wahrnimmt. Der Trainer ist immer im Brennpunkt. Man kann wütend auf ihn sein, im Teamgespräch mit mir kann man das eine oder andere auch klären. Kleine Sachen können manchmal zu Hirngespinsten werden. Das Vertrauen von Spielerin zu Spielerin und das Abrufen der eigenen Fähigkeiten am Spieltag ist das Ziel. Und wenn jemand nicht performt, kann es auch an privaten Sachen liegen, die man in den Sport hineinträgt – oder umgekehrt.
Die Chilis haben im Laufe der Saison entschieden, dass man ohnehin nicht aufsteigen möchte...
Das ist so, weil der Unterbau im Verein noch nicht reif dafür ist. Weitere Faktoren wie zu wenig eigene Schiedsrichter spielen auch eine Rolle. Man würde also heuer nur um den NLB-Meistertitel kämpfen und auf die Teilnahme an der Ligaqualifikation verzichten.
Zwischen Spiel 1 und 2 der Playoff-Viertelfinalserie gegen Waldkirch-St. Gallen ist ein beträchtlicher Unterbruch wegen eines internationalen Spieltermins. Erst am 10. Februar im Heuel empfangen die Chilis die Ostschweizerinnen zum zweiten Spiel der Serie. Wie wird diese Pause genutzt?
Ich denke, dass uns diese Pause zu Gute kommen wird. Wir werden nach dem ersten Spiel Feinjustierungen vornehmen können.
Sie verfügen auch über Erfahrung beim Mental-Coaching im Männer-Bereich. Was sind da die Unterschiede?
Männer nehmen einfach den Fakt an. Die Frauen müssen noch mehr spüren und möchten das Warum kennen. Bei den Chilis freute mich bei meiner Arbeit, dass sie sehr offen sind. Es sind auch junge Spielerinnen darunter, die cool mitmachen. Und das Team ist mir mittlerweile ans Herz gewachsen.»
Interview: Richard Stoffel