Das Bundesasylzentrum Rümlang kommt vors Bundesgericht
Ob das BAZ Rümlang gebaut werden kann, entscheidet das Bundesgericht. Das Urteil aus St. Gallen wird angefochten. Scheitert das Projekt Rümlang, braucht es einen neuen Standort.
Das Militär zieht Mitte Jahr aus dem Camp Haselbach in Rümlang aus. Ob das Bundesasylzentrum hier gebaut werden kann, entscheidet nun das Bundesgericht in Lausanne. Bild: sti
Ob das BAZ Rümlang gebaut werden kann, entscheidet das Bundesgericht. Das Urteil aus St. Gallen wird angefochten. Scheitert das Projekt Rümlang, braucht es einen neuen Standort.
Rümlang. Von Berufes wegen möchte er es genau wissen: Der Rümlanger Anwalt Werner Beeler hat Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zum Bau des Bundesasylzentrums (BAZ) im Haselbach am Waldrand von Rümlang eingereicht. Damit muss nun in zweiter und letzter Instanz das Bundesgericht im Bundesverfahren zum Asylzentrum in Rümlang entscheiden. Mit dem Weiterzug ans oberste Schweizer Gericht dürfte sich der Bau des Zentrums weiter verzögern oder gar unmöglich werden. Doch Beeler geht es nicht darum, den Standort in Rümlang zu verhindern, wie er schon früher betonte. Er sei aber schon darauf angesprochen worden. Für ihn ist es wichtig, dass die Angelegenheit höchstrichterlich abgeklärt wird.
Werner Beeler hatte 2022 während der Planauflage des Bauvorhabens eine Beschwerde eingereicht. Darin bemängelte er als Waldeigentümer, dass der Waldabstand von mindestens 30 Metern nicht eingehalten wird. Weiter kritisierte er, dass die Raumplanung ein solches Bauvorhaben an jenem Standort gar nicht zulasse. Die Waldlichtung am Haselbach wurde nämlich nie als Bauzone definiert. Sie gehört zur kantonalen Landwirtschaftszone, auch wenn das Areal früher zur Munitionsherstellung genutzt wurde und zurzeit noch als Militärgelände dient.
Vor einem Monat hatte das Bundesverwaltungsgericht allerdings befunden, dass das Gebiet rechtlich dennoch als Kleinbauzone genutzt werden könne, und damit grünes Licht für den Bau des Asylzentrums gegeben. Bezüglich Waldabstand wiederum gab es dem Beschwerdeführer recht. Das St. Galler Gericht stützte mit seiner Einschätzung die Argumentation des Bundesamtes für Raumentwicklung ARE. Die Kleinbauzone müsse allerdings auf einer sachlich vertretbaren Interessenabwägung beruhen, was hier der Fall sei.
Doch Beeler sieht das nach wie vor anders. Hier werde sozusagen neues Recht geschaffen, ist er überzeugt. Das Raumplanungsgesetz sei zu berücksichtigen, es könne auch in Rümlang keine Ausnahmebewilligung erteilt werden. «Ein Asylzentrum wie das in Rümlang geplante ist nicht auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen.» Das Bundesgericht lege dazu in ständiger und erst kürzlich wieder klar bestätigter Praxis einen strengen Massstab an. Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet sei ein fundamentales Prinzip der Raumplanung. Auch das BAZ in Zürich und Embrach lägen in Bauzonen. «Es gibt genügend Orte, die umgezont werden könnten, um ein Bundesasylzentrum zu bauen», sagt Werner Beeler.
Aktuell gibt es gemäss Reto Kormann, Stv. Leiter Stabsbereich Information & Kommunikation Staatssekretariat für Migration SEM (EJPD), rund 9200 Unterbringungsplätze für Flüchtlinge in schweizweit über 40 BAZ. Der Bedarf könnte laut Kormann bis im Herbst auf 12 000 anwachsen. «Wir sind nach wie vor und laufend auf der Suche nach neuen Standorten – und zwar für temporäre Unterbringungsstrukturen, deren Inbetriebnahme angesichts der grössten Flüchtlingswelle seit dem Zweiten Weltkrieg nötig wird. Wir prognostizieren insbesondere auf den Spätsommer einen markanten Anstieg der Asylgesuche. Im 2024 rechnen wir wiederum mit 30 000 Asylgesuchen und rund 25 000 Gesuchen für den Schutzstatus S.»
2017 war bekannt geworden, dass das dritte Bundesasylzentrum des Kantons Zürich neben Zürich und Embrach in Rümlang zu stehen kommen soll. Die Inbetriebnahme war ursprünglich gemäss SEM für 2023 geplant und dann auf 2025 verschoben worden. Das Zentrum soll 150 Unterbringungsplätze ohne Verfahrensfunktion anbieten. Unabhängig davon stünden die Standorte der Bundesasylzentren ohne Verfahrensfunktion (BAZoV) in der Asylregion Zürich fest: Embrach und Rümlang. «Sollte das Projekt in Rümlang scheitern, müssten wir nach einem alternativen Standort suchen», so Kormann.
Auf der grossen Lichtung am Dorfrand von Rümlang dürfte es nun eine Zeit lang ruhig werden – zumindest bis der Entscheid aus Lausanne eintrifft. Das Militär wird den Standort auf Mitte Jahr verlassen, wie Armeesprecher Mathias Volken vom VBS frühere Angaben bestätigt.
Bettina Sticher
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