Besuch der Denkmalpflege auf dem alter Friedhof Steinreben, Rümlang.
28.02.2025 00:05
Der Zustand des Friedhofs Steinreben wirft Fragen auf
Die Denkmalpflege hat den alten Friedhof Steinreben in Rümlang vor etwas mehr als zwei Jahren zur Neuaufnahme ins Inventar ins Auge gefasst. Bei einem Besuch vor Ort, werfen Schäden auf dem Areal Fragen auf.
Rümlang. Gartenhistoriker Steffen Osoegawa blickt am vergangenen Freitag erstaunt über den alten Friedhof Steinreben. Ihm fällt auf: «Die Anlage ist stark beschädigt. Ahornbäume wurden gefällt, Abdeckplatten von der Mauer gerissen, das Bänkli liegt am Boden.» Laetitia Zenklusen, Inventarisatorin bei der kantonalen Denkmalpflege, trifft kurz darauf auf dem Friedhof ein. Sie erschrickt bei dessen Anblick. «Ui, was ist hier passiert?» Nachdem sich die beiden gefangen haben, suchen sie nach möglichen Gründen - bemühen sich um Verständnis: Vielleicht waren die Bäume krank, die Mauer haben Vandalen auseinandergenommen. Zenklusen wünschte sich in solchen Fällen, man würde häufiger mit der Denkmalpflege Kontakt aufnehmen, um mögliche Reparaturen zu besprechen. Dies sei allerdings nicht Pflicht, solange das Festsetzungsverfahren nicht abgeschlossen sei. Die Ansprüche der Denkmalpflege stossen bei betroffenen Eigentümern nicht immer auf Verständnis. Zenklusen erklärt deshalb, was sie an ihrer Arbeit motiviert: «Die Objekte sind identitätsbildend für kommende Generationen. Menschen reisen in der Welt herum, um besondere Bauwerke anzuschauen und sind sich manchmal gar nicht bewusst, dass sie auch zuhause solche Schätze haben.»
Ein Gartenfriedhof
Steffen Osoegawa erklärt, was den alten Friedhof zu einem historischen Schatz macht: Er sei ein Unikat im Kanton Zürich, wie ein Garten angelegt, mit geschwungenen Wegen aus Steinplatten, einem Sitzplatz am Brunnen und Gartengehölzen, wie der japanische Ahorn mit seinem besonderen Herbstlaub oder der Lebkuchenbaum, dessen Blätter im Herbst nach frisch gebackenen Kuchen riechen. Es seien lebensbejahende Elemente, die man auf einem Totenacker nicht erwarten würde. Der Friedhof sei Ausdruck einer Gegenbewegung gewesen, die sich gegen das rationalisierte Friedhofswesen der 1920er-Jahren wandte. Im Friedhof Steinreben wollte man einen Ort der Einkehr und stillen Betrachtung schaffen. Dies mache den Friedhof besonders. Zuvor habe es das nicht gegeben. Friedhöfe seien bis anhin nicht für das Verweilen vorgesehen gewesen. Die händisch zugehauenen Steinplatten, das Abdankungsgebäude im «Landistil» mit seiner grossen Laube, all dies stütze den gärtnerischen Charakter des Orts, alles verwebe sich zu einem Ganzen. Darum schmerze es so, dass Teile daraus fehlen oder beschädigt wurden.
Ursache der Schäden
Eigentümerin des alten Friedhofs Steinreben ist die Gemeinde Rümlang. Auf die Schäden und die gefällten Bäume angesprochen, erklärt Verwaltungsleiter Giorgio Ciroli gegenüber dem «Rümlanger»: Der alte Friedhof Steinreben werde regelmässig gepflegt. Das Areal präsentiere sich zurzeit allerdings im Winterkleid, was es weniger vorteilhaft aussehen lasse als im Frühling oder Sommer. Einer der Bäume sei von zu grosser Schneelast erdrückt worden. Ein anderer sei krank gewesen und habe deshalb gefällt werden müssen. Zwischen Platte und Mauer sei Wasser eingedrungen. Bei Minustemperaturen sei das Wasser eingefroren, was die Platte weggesprengt habe. Die durch Frostschäden gelockerte Plattenabdeckung und die Steinbank seien vorsorglich eingelagert worden. Sobald Gewissheit bestehe, wie mit dem alten Friedhof weiterverfahren werden könne, würden auch solche Instandstellungsarbeiten an die Hand genommen. Eine sofortige Erledigung dränge sich nicht auf, da es immer wieder auch zu Schäden aufgrund von Vandalenakten komme.
Die Frage nach dem Nutzen
Der alte Friedhof liegt angrenzend an das Primarschulhaus Rümelbach sowie neben der katholischen Kirche und dem Begegnungszentrum 90i. Wie der Redaktion bekannt ist, sind öffentliche Räume für Proben und Trainings der örtlichen Vereine knapp in Rümlang und Primarschüler müssen für den Turnunterricht durch das halbe Dorf in die Heuel-Halle wandern. Der Gemeinde stellt sich deshalb wohl nicht vordringlich die Frage nach dem historischen Wert des Grundstücks, sondern eher jene nach dessen Nutzen, denn Bauland ist in Rümlang kaum mehr vorhanden. Eine Schulhaus-Erweiterung auf dem Friedhofsareal wäre eine naheliegende Lösung.
Aus allen Wolken gefallen
Der Geschäftsfeldleiter Bau und Entwicklung, Nikolaus Angst, gibt Auskunft zum Stand der Inventarisierung des alten Friedhofs: Noch sei dieser nicht festgesetzt aber der Gemeinderat sei zwei Jahre zuvor aus allen Wolken gefallen. Nie habe man damit gerechnet, dass der Garten in das überkommunale Denkmalschutz-Inventar aufgenommen werden könnte. Angst bestätigt, dass man das Grundstück für eine allfällige Erweiterung des angrenzenden Primarschulhauses Rümelbach hätte in Reserve behalten wollen. Mit dem Kanton sei man nach Verhandlungen so verblieben, dass man die Gespräche wieder aufnehme, sobald ein konkretes Bauvorhaben vorliege. Aus Pietätsgründen werde dieses Vorhaben ja vielleicht ein Park sein. Das hänge von den Wünschen der Bevölkerung ab. Im Moment werde an den letzten zwei Gräbern sowieso noch getrauert – darauf nehme man Rücksicht. Zenklusen erinnert sich: «Wir haben die Gemeinde während der Anhörung im Jahr 2023 darüber informiert, welche Objekte wir in das überkommunale Denkmalschutz-Inventar aufzunehmen gedenken. Unter anderem ist der Friedhof Steinreben als Neuaufnahme vorgesehen. Und ja, es werden zwei Gräber immer noch von den Angehörigen gepflegt. Darauf muss man Rücksicht nehmen.» Sie werde nun zuerst mit ihrem Vorgesetzten über die Schäden auf dem Areal und das weitere Vorgehen reden und danach das Gespräch mit der Gemeinde suchen.
Bernadette Dettling