Fantastische Fotowelten im Wartezimmer¶
In Florian Schiessers surrealen Schwarz-Weiss-Bildern verschmelzen urbane Kulissen mit exotischer Fauna. Der 20-jährige Rümlanger stellt seine eindrucksvollen Werke ein Jahr lang bei AktinPhysio aus.¶
In Florian Schiessers surrealen Schwarz-Weiss-Bildern verschmelzen urbane Kulissen mit exotischer Fauna. Der 20-jährige Rümlanger stellt seine eindrucksvollen Werke ein Jahr lang bei AktinPhysio in Rümlang aus.¶
In Florian Schiessers surrealen Schwarz-Weiss-Bildern verschmelzen urbane Kulissen mit exotischer Fauna. Der 20-jährige Rümlanger stellt seine eindrucksvollen Werke ein Jahr lang bei AktinPhysio aus.¶
Rümlang. Ein überdimensionierter Emu spaziert auf Gleis 5 des Zürcher Hauptbahnhofs, ein meterhoher Piranha schwebt durch die Bahnhofshalle, ein riesiges Alpaka fläzt sich am Busbahnhof des Flughafens, ein gigantischer Flamingo watet durch die Limmat – vor Trams und Altstadtkulisse. Diese surrealen Motive hat Florian Schiesser 2021 für seine Abschlussarbeit im Fach Bildnerisches Gestalten an der Kanti Bülach erschaffen. Nun sind seine Werke erstmals in einer Einzelausstellung zu sehen: Bis Februar 2026 hängen sie im Wartebereich der Praxis Aktinphysio in Rümlang.
«Was hast du dir dabei gedacht?» – das sei die häufigste Frage, die er an der Vernissage am vergangenen Freitag zu hören bekam, erzählt der 20-Jährige mit einem Schmunzeln. Spannend findet er die vielfältigen Interpretationen der Besucher: «Sie reichen von Aufbruchstimmung bis Gesellschaftskritik.» Dabei war seine Intention eine ganz andere: «Mir ging es um das harmonische Zusammenspiel von urbanem Umfeld und exotischen Tieren – und den damit verbundenen Überraschungseffekt.» Die Begleittafeln der Bilder geben den Namen der Tierart auf Deutsch und Lateinisch sowie Ort, Datum und Uhrzeit der «Sichtung» an – als hätte, wer nur aufmerksam genug unterwegs gewesen wäre, Zeuge des surrealen Spektakels werden können. «Unterwegs» lautete denn auch das vorgegebene Thema der BG-Abschlussarbeit für den damaligen Fünftklässler. «Meine Idee war sofort, den öffentlichen Verkehr einzubinden», berichtet Florian. Als bekennender ÖV-Fan, der nun raumbezogene Ingenieurwissenschaften an der ETH studiert, lag das nahe. «Doch wollte ich das Konzept mit etwas kombinieren, das logisch nicht dazugehört – und kam so auf die Tiere.» Für die fotografische Umsetzung lieh er sich die Canon-Kamera seiner Mutter. «Sie hat mir die Grundlagen erklärt, aber ich habe dann doch den Automatik-Modus genutzt», gibt er zu. Zunächst fotografierte er im Rahmen einer ÖV-Reise potenzielle Schauplätze, später besuchte er mit seiner Familie den Zoo Zürich. «Dabei hatte ich vorab noch keine konkreten Kompositionsideen, wie beispielsweise: Auf das Gleis gehört ein Emu.» Vielmehr habe er sich von den Situationen vor Ort inspirieren lassen: «Es waren zufällige Situationen wie die Position eines Tieres oder der spezielle Lichteinfall, die mich darauf brachten, was ich vielleicht wie kombinieren könnte.» Die finale Entscheidung für die Motive fiel erst bei der Bildbearbeitung mit Photoshop. Seine Lehrerin gab ihm den Tipp, die Bilder in Schwarz-Weiss zu gestalten. «Das erinnert an Analogfotografie, was mir gefällt. Zudem war es einfacher, da ich mich nicht um Farbabgleiche kümmern musste», räumt Florian ein.
«Die Bilder sind der Hammer», schwärmt Anna Baertsch-Fluor. Die Rümlanger Malerin initiierte die Ausstellung – doch Schuld daran sei eigentlich ihr Mann, erzählt sie lachend am Telefon. Nach einer Operation war dieser in Physiotherapie. Als sein Therapeut Joachim Haab sich im Januar 2024 mit AktinPhysio selbstständig machte, seien ihr bei der Eröffnungsfeier die kahlen Wände aufgefallen: «Meine Vorstellungskraft sprang an und liess mir keine Ruhe.» Wenige Tage später habe sie Haab vorgeschlagen, die Wände als Ausstellungsfläche zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam besuchten die beiden die Ausstellungen «Kunst im Quadrat» und «Gruss aus Rümlang» im Gemeindehaus und erstellten eine Liste jener Künstler, die Haab sich in der Praxis vorstellen konnte. Den Anfang machten die bunten Baustellen-Acrylbilder von Renate Thürler, die ihr Atelier in der Nachbarschaft hat. Nun bilden Florian Schiessers fantastische Fotowelten einen spannenden Kontrast dazu – und begeisterten bereits die rund 20 Gäste der Vernissage.
Die grossformatige Präsentation seiner Werke erforderte zusätzliche Bearbeitung und finanzielle Investitionen. «Den Druck auf Papier habe ich selbst bezahlt, für das Aufziehen auf Hartschaumplatten hat mein Vater ausgelegt», erklärt Florian. «Ich zahle es ihm zurück, wenn ich Bilder verkaufe.» Die Preise seien so kalkuliert, dass er daran verdiene – ein einzelnes Bild reiche dafür aber nicht. Florian Schiesser wuchs in einem kreativen Elternhaus auf. Seine Mutter Petra ist Textildesignerin, sein Vater Roland Musiker und Dirigent des Musikvereins Rümlang – wo auch Florian Trompete spielt. «Vielleicht hat man uns als Kinder öfter Farbstifte in die Hand gedrückt, aber vor allem wurden wir ermutigt, Druck gab es nie», sagt er. Tatsächlich sieht er seine eigentliche künstlerische Ausdrucksform eher in der Musik als in der Fotografie: «In die Bildbearbeitung bin ich durch die Abschlussarbeit eher reingerutscht.» Ein weiteres Fotoprojekt habe er aktuell nicht geplant. «Aber wenn mich ein spannendes Thema findet – warum nicht? Vorausgesetzt, mein Studium lässt mir Zeit zu.» Die Ausstellung ist bis Februar 2026 während der Öffnungszeiten von AktinPhysio für die Bevölkerung geöffnet.
Martina Kleinsorg
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