04.04.2025 00:05
Frühlingserwachen im Kleintierzüchterverein
Mit steigenden Temperaturen erwacht die Natur – auch auf dem Areal der Rümlanger Kleintierzüchter beginnt eine geschäftige Zeit: Vögel nisten, Küken schlüpfen – und für die Vereinsmitglieder steht der Frühjahrsputz an.
Rümlang. Wer die Parzelle von Vince Capasso betritt, wird von gackernden Zwerg-Italienern begrüsst. Sechs Exemplare dieser Hühnerrasse nennt der Kassier des Kleintierzüchtervereins Rümlang (KTZV) sein eigen. Zu den orangefarbenen Tieren und ihrem prächtigen Hahn gesellen sich neun weisse und dunkelbraune Zwerg-Barnevelder, darunter ein stolzer Güggel. «Beides sind alte deutsche Liebhaberrassen, die ohne engagierte Züchter längst verschwunden wären», sagt Capasso. Heutzutage würden vor allem Hybridhühner mit hoher Legeleistung gezüchtet, bedauert er.
Erste eigene Hühnerzucht
Diesen Frühling plant der 49-Jährige gemeinsam mit seinem Partner erstmals selbst Hühner zu züchten. Dafür werden die Eier gesammelt und in Brutkästen gelegt – es sei denn, eine Henne entschliesst sich zur Naturbrut. «Der Brutinstinkt variiert von Rasse zu Rasse», weiss Capasso. «Unsere hocken leider nicht mehr auf den Eiern.» Bis zu 50 Eier wollen sie bebrüten, etwa die Hälfte dürfte schlüpfen. Bei einer Brutzeit von 21 Tagen werden Küken oft auf Ostern geplant. «Wir verschieben es aber etwas nach hinten, weil wir in den Ferien sind.» Der Nachwuchs soll an einen anderen Züchter abgegeben werden, damit dieser mit der Gruppe neu anfangen kann. «Es sind ganz tolle Hühner», ist er überzeugt. Nach vier Jahren als Vereinspräsident hat Capasso das zeitlich aufwändige Amt im vergangenen Jahr an Anita Huber übergeben: «Ein Wechsel tut gut, das bringt frischen Wind herein.» Der KTZV zählt 50 Mitglieder, wovon rund die Hälfte aktiv ist. Die Suche nach Neumitgliedern sei schwierig, denn viele seien vorrangig an einer Pacht interessiert. 13 Parzellen zwischen 450 und 1000 Quadratmetern umfasst das Vereinsareal «Büchselgrube». «Es gibt immer mal wieder Gelegenheiten, eine Parzelle zu übernehmen, aber es braucht Geduld», räumt Capasso ein. Seinem Grundstück gegenüber soll nach einem Besitzwechsel die alte Hütte abgerissen werden und ein Neubau entstehen.
Neue Exoten eingezogen
Selbst hatte er 2018 eine 550 Quadratmetergrosse Parzelle mit seinem Partner übernommen und in den zwei grossen Volieren unter anderem zwei sprechende Beos gehalten: «Balou und Baghira waren sehr beliebt und zogen viele Spaziergänger an», erinnert sich Capasso. In der Hoffnung auf Nachwuchs konnten zwei männliche Exemplare aus Deutschland importiert werden. Doch die Enttäuschung folgte: Ein Paar und sein Junges verstarben unerwartet trotz Einlieferung ins Tierspital. Auch eine eingehende Untersuchung brachte keine Erklärung. «Das getrennt gehaltene zweite Paar haben wir an die Voliere am Mythenquai abgegeben, dort leben sie quietschfidel.» Nun sorgen fünf Furchenschnabel-Bartvögel für Exotik auf Capassos Parzelle. Die ursprünglich in Afrika beheimateten spechtartigen Tiere bearbeiten mit ihren Schnäbeln nicht nur die Holzverkleidung des Aussenkäfigs, sondern haben einen dort aufgehängten Holzstamm bereits dreissig Zentimeter ausgehöhlt: «Vielleicht legen sie ja auch einmal Eier und brüten sie aus.»
Seit 65 Jahren Mitglied
Auch bei Walter Muff geht es bunt und lebhaft zu. Bei den Gouldamadinen kann er sich bereits über Jungvögel freuen, andere seiner gefiederten Schützlinge, wie chinesische Nachtigallen, Diamantfinken oder Rotkopf-Papageiamadinen, sind in Kästen und Körben noch eifrig mit dem Nestbau beschäftigt. Der 80-Jährige nutzt den sonnigen März-Nachmittag, um seinen Plattenweg von Moos und Unkraut zu befreien. «Jäten hält jung», sagt er lachend. Seit 65 Jahren sei er Mitglied – und damit einer der ersten im 1959 gegründeten Ornithologischen Verein Rümlang, aus dem der KTZV entstand. Sein Interesse gilt auch der Pflanzenwelt: Rund um seine Hütte und Volieren gedeihen Cyclamen, Strauchpfingstrose und Frauenschuh, «eine Zuchtform, nicht aus geschütztem Wildbestand», wie er betont. Gern leistet ihm seine sechsjährige Enkelin Gesellschaft. Welches denn ihre Lieblingsvögel seien? «Alle», antwortet Melina diplomatisch. Familienleben und Fronarbeit Vorbei an einem ummauerten Grasgehege, in dem drei Schildkröten noch ihren Winterschlaf halten, führt der Weg zum Garten der Familie Mamudi. Die Töchter Lorena (11) und Larisa (7) vergnügen sich mit den Zwerghasen Masha und Snowflake. «Früher haben wir noch selber welche gezüchtet», erzählt Mutter Milinda, die den Sonnenschein geniesst. Vater Azred ist einer von zwei Taubenhaltern im Verein und kommt täglich zum Füttern und Trainieren seiner Tiere. Alle Mitglieder hegen und pflegen ihre eigene Parzelle, das Gemeinschaftsgelände wird zweimal jährlich im Frondienst instand gehalten. «Bäume und Sträucher schneiden, Schächte räumen, Parkplatz säubern, Vereinshaus reinigen inklusive Dachziegel», zählt Capasso die wichtigsten Arbeiten auf. Der Weiher hinter dem Vereinshaus sei früher völlig überwuchert gewesen. «Seitdem wir ihn regelmässig vom Laub befreien, gibt es dort deutlich mehr Frösche.» Täglich mindestens ein bis zwei Stunden investiere er in sein Hobby, inklusive Anfahrt aus Schwamendingen: «Das ist es mir wert - hier bin ich in der Natur und kann vom Alltagsstress wunderbar abschalten», stellt Capasso zufrieden fest.
Martina Kleinsorg