Die Schweiz, wie aus dem Bilderbuch: hier in Rümlang.
25.07.2025 00:05
Kurtaxe soll Rümlang für Touristen attraktiver machen
270 000 Nächte haben Touristen 2024 in Rümlang verbracht - ähnlich viele, wie in Locarno und Laax. Künftig soll mehr als die Nähe zu Zürich bei den Gästen punkten, plant Gemeinderat Patrick Cotting.
Rümlang. In einem typischen Tourismusort der Schweiz gibt es ein Alpenpanorama, Wanderwege, Skipisten, einen See, historische Bauten, kulturelle Events und vielfältige Shopping-Gelegenheiten – so zumindest stellt man es sich vor. Im Zusammenhang mit Rümlang kommt einem nichts davon als erstes in den Sinn. Dennoch kann die Gemeinde eine stattliche Anzahl von 270 000 Logiernächten aufweisen. Im Vergleich: Die Schweiz erreichte im 2024 laut Bundesamt für Statistik einen Rekordwert von 42.8 Millionen Logiernächten. Die Stadt Zürich verzeichnete schweizweit am meisten – insgesamt 4 Millionen. Auf Platz zwei und drei folgten Genf und Zermatt mit 2,3 und 1,6 Millionen. Rümlang befindet sich mit 270'000 Logiernächten auf Platz 27. Eine hohe Platzierung, die hauptsächlich der Nähe zu Zürich und zum Flughafen zu verdanken ist. Ähnliche Zahlen wie Rümlang weisen etwa Locarno und Laax auf. Beides sind etablierte Tourismusorte mit einem attraktiven Angebot für Gäste, das unter anderem über Kurtaxen finanziert wird.
Kein Zürcher Tourismusgesetz
Gemeinderat Patrick Cotting verfolgt eine interessante Idee: Könnte auch Rümlang Kurtaxen erheben, um damit ein attraktives touristisches Angebot zu fördern? Der «Rümlanger» hat die Facts recherchiert: Für Kurtaxen gibt es keine bundesweit gültigen Vorgaben. Die Kurtaxen-Regimes sind kantonal geregelt. Der Kanton Zürich bildet eine Ausnahme. Hier gibt es kein Tourismusgesetz, der Staat greift nicht regulierend in die Tourismuswirtschaft ein. Das habe Vor- und Nachteile, sagt Markus Gilgen, Leiter Tourismus und Stv. Geschäftsführer bei House of Winterthur, doch sei eine Regulation durch die Behörden nicht nötig: «Der Tourismus ist im Kanton Zürich auch ohne kantonale Vorgaben gut organisiert. Die überregionale Vermarktung übernehmen Vereine wie wir. Zürich Tourismus ist der zentrale Motor.» Finanziert werden diese Vereine, die den touristischen Leistungsträgern eine gemeinsame Plattform bieten, mit bis zu rund 90% über die City Tax. Sie sei eine freiwillige Abgabe, betont Gilgen, die von Hoteliers bei den Gästen eingezogen werde.
Transparentes System
Wer als touristische Gemeinde oder Organisation eine Abgabe fordert, von dem wird erwartet, dass er etwas dafür bietet, etwa in touristische Infrastruktur, wie Wanderwege investiert, eine Gästekarte für attraktive kulturelle Angebote offeriert – oder wie die Zürcher Tourismusorganisationen, die überregionale Vermarktung koordiniert. Der Zürcher Hotellerie Verein (ZHV) habe die City Tax ins Leben gerufen, um solche Mehrwerte zu fördern, erklärt Gilgen. «Wir haben einen Leistungsauftrag zu erfüllen und befinden uns dafür in engem Austausch mit den Hoteliers», sagt er. Weitere Tourismusabgaben gibt es im Kanton Zürich bis jetzt nicht. Das Zürcher System ist somit für Gäste vergleichsweise transparent. Dazu ein Blick über die Kantonsgrenzen hinaus: Laut einer Erhebung von Comparis variieren die Tourismusabgaben in anderen Kantonen teils von Gemeinde zu Gemeinde und bewegen sich zwischen 0 und 7 Franken pro Nacht. In manchen Gemeinden sind sogar mehrere Taxen zu entrichten, mit denen verschiedene Tourismusförderer und Leistungsträger finanziert werden – oder die Höhe der Abgaben unterscheiden sich je nach Sternekategorie des Hotels. Die Zürcher City Tax beträgt 3.50 Franken pro Nacht – ein Mittelwert, der für jeden Zürcher Beherbergungsbetrieb, der die Taxe erheben möchte, gleich hoch ist.
Kurtaxen und «RümlangCard»
Gemeinderat Patrick Cotting erkennt im offenen Kurtaxen-System des Kantons Zürich brach liegendes Potenzial, das er für Rümlang prüfen und nutzen möchte. Der erste Entwurf eines Kurtaxen- und Tourismuskonzeptes liegt bereits auf seinem Tisch und wird demnächst im Gemeinderat diskutiert. Cottings Idee ist es, von Touristen, die in Rümlanger Hotels, B&Bs und anderen Beherbergungsbetrieben übernachten, eine Taxe von 4.50 Franken pro Nacht zu verlangen. 1 Franken würde als Kommission bei den Gastgebern bleiben, der Rest zweckgebunden in touristisch relevante Projekte fliessen, darunter auch in ein Gästekartenprogramm. Die «RümlangCard» würde jedem Gast für die Dauer seines Aufenthaltes Vorteile bieten, wie etwa freier Eintritt ins Hallenbad, kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel auf Gemeindegebiet, Rabatte in Restaurants und Freizeiteinrichtungen, wie Boda Borg, Fliplab, Padelplatz oder Tennisanlage. Damit auch die Bevölkerung in den Genuss der vergünstigten Angebote käme, hätte sie die Möglichkeit, die Karte kostenpflichtig zu erwerben.
Zweckgebundene Einnahmen
Rechtlich liesse sich die Kurtaxe laut Cotting im Gemeindegesetz abstützen, das zweckgebundene Einnahmen erlaube. Cotting erklärt: «Mit der Einführung der Kurtaxe und einer RümlangCard würden wir ein starkes Zeichen für die Attraktivität unseres Dorfes setzen. Wir könnten die Hotellerie, Freizeitangebote und das lokale Gewerbe stärken – und gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt in Rümlang fördern.» Eine Kurtaxe sei vergleichbar mit einem «Fitnessabo für die Gemeinde»: Jeder Beitrag helfe, die Infrastruktur fit zu halten – nicht nur für Gäste, sondern auch für die Bevölkerung. «Sie ist eine kleine Investition mit grossem Mehrwert für Lebensqualität und touristische Entwicklung.»
Bernadette Dettling