Ein gutes Erntejahr für Rümlang
Die Apfelernte ist in vollem Gange – auch in Rümlang. Zwei Familienbetriebe zeigen, wie unterschiedlich die Saison verlaufen kann und wie wichtig Qualität und Nachhaltigkeit sind.
Die Apfelernte ist in vollem Gange – auch in Rümlang. Zwei Familienbetriebe zeigen, wie unterschiedlich die Saison verlaufen kann und wie wichtig Qualität und Nachhaltigkeit sind.
Rümlang. Am vergangenen Freitag feierte die Schweiz den Tag des Apfels. An Bahnhöfen, auf öffentlichen Plätzen und sogar in SBB-Zügen verteilte der Schweizer Obstverband gemeinsam mit Regionalverbänden und Obstproduzenten kostenlose Äpfel. Die Aktion erinnert daran, dass der Apfel die meistgegessene einheimische Frucht ist – und von unzähligen Bauern in der Schweiz angebaut wird, auch in Rümlang.
Einer davon ist Michael Gujer vom Obsthaus Gujer. Sein Hof mit Bauernhaus stammt aus dem Jahr 1892 und ist seit Generationen in Familienbesitz. «Wir arbeiten hier seit fünf Generationen – und die sechste lebt bereits», sagt er mit einem Lächeln. Sein Vater Alfred war der erste gelernte Obstbauer in der Schweiz, sein Grossvater stellte in den 1950er- und 60er-Jahren von klassischem Ackerbau und Milchwirtschaft auf Obstbau um. Seit über hundert Jahren verkaufen die Gujers ihre Früchte nicht nur in ihrem Hofladen, sondern auch auf Märkten, etwa in Oerlikon oder bei der Stadthausanlage beim Bürkliplatz.
Mit der diesjährigen Ernte zeigt sich Gujer zufrieden: «Es ist kein Spitzenjahr wie das letzte, aber ein gutes, ein normales.» Er erklärt, dass das Wetter den grössten Einfluss habe – trockene Sommer etwa verkleinern die Fruchtgrösse. Die Ernte beginnt im Mai mit Erdbeeren, gefolgt im Juni von Kirschen und Strauchbeeren, ab Ende Juli kommen die Zwetschgen, Birnen und – die Äpfel. Einer seiner diesjährigen Äpfel brachte rund ein halbes Kilo auf die Waage. «Aber die grössten sind nicht automatisch die besten. Die Normen und Handelsusanzen sind klar – ‹Freaks› kommen nicht in die Kisten.» Ein altes Sprichwort bringt er mit einem Schmunzeln ins Spiel: «Die dümmsten Bauern haben die grössten Kartoffeln. Zum Glück sagt man das nicht bei Äpfeln.» Die Erntezeiten hätten sich durch die Klimaerwärmung verändert, sagt Gujer. «Früher, in den 70er-Jahren, war die Ernte sicher zwei, drei Wochen später. Heute reifen dafür aber auch spätere Sorten aus.» Sorgen bereiten dem Obstbauer jedoch die Preise und die Wertschätzung einiger Konsumenten. «Ein Kilo unserer besten Kirschen kostet 15 Franken. Viele haben Mühe, das zu bezahlen – obwohl wir ein Jahr dafür gearbeitet haben. Aber für ein ‹Zuckerwässerli› im Ausgang geben sie ohne zu zögern 20 Franken aus. Diese Ambivalenz macht es schwierig. Man sollte nicht nur auf den Preis schauen, sondern auf die Qualität.»
Ein weiterer Obstanbaubetrieb in Rümlang, der für Qualität steht, wird von der Familie Meier mit ihrem Meier Obstanbau geführt. Der Hof besteht seit bald 30 Jahren. Während die Ernte bei Gujers letztes Jahr hervorragend war und dieses Jahr eher «normal» verläuft, zeigt sich Martin Meier dafür in diesem Jahr überaus zufrieden: «Dieses Jahr läuft super. Wir sind sowohl mit der Menge als auch mit der Qualität höchst zufrieden. Dafür war es bei uns letztes Jahr eher ‹normal›». Das zeigt, wie unterschiedlich die Situation selbst auf engstem Raum sein kann. Auch bei Meiers ist jetzt die Hauptsaison: Bis Mitte Oktober wird geerntet, danach folgen Arbeiten für den Winter wie Hagelnetze einrollen, Maschinen verräumen, Bäume schneiden oder neu pflanzen – und natürlich der Obstverkauf. Am 25. Oktober lädt der Hof zudem zum grossen Hoffest, an dem verschiedene Apfelsorten degustiert werden können.
Das Wetter spiele bei der Ernte eine entscheidende Rolle. «Bei Regenwetter können empfindliche Sorten wie Boskoop oder Golden braune Eindruckdellen bekommen», erklärt Meier. Geerntet wird in zwei Etappen: zuerst die oberen Äpfel mit Hilfe einer fahrbaren Hebebühne, danach die unteren. Mehrere Marktfahrer und Bioläden werden mit den handgepflückten Früchten beliefert. Neben Äpfeln bietet der Hof auch Birnen, Zwetschgen und Heidelbeeren an.
Als Bio-Betrieb sei der Pflanzenschutz eine besondere Herausforderung, so Meier. «Wir arbeiten regenerativ auf unserem Betrieb», betont er. Dazu gehören Massnahmen wie eigenes Kompostieren, um Boden und Pflanzen zu stärken. «Damit wollen wir langfristig Pflanzenschutzmittel reduzieren.» So setzt der Rümlanger Obstbauer auf eine Ernte, die nicht nur in diesem Jahr überzeugt, sondern auch nachhaltig in die Zukunft wirkt.
So lässt sich zusammenfassend sagen: Die Apfelernte in Rümlang zeigt, wie vielfältig und herausfordernd der Obstanbau sein kann. Und wer weiss: Vielleicht wird sich das dem einen oder anderen Konsumenten beim nächsten Biss in den Apfel bewusst – wie viel Tradition, Arbeit und Leidenschaft darin stecken.
Janik Schmid
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