Bannumgang formt aus Hinguckern ein Gesamtbild
Der diesjährige Bannumgang führte auf eine Route, die das zeigte, was Durchreisende wohl am Ehesten mit Rümlang verbinden und machte deutlich, dass Vordergründiges nur ein Teil des Ganzen ist.
Rund 60 Personen haben am Bannumgang 2025 teilgenommen.
Der diesjährige Bannumgang führte auf eine Route, die das zeigte, was Durchreisende wohl am Ehesten mit Rümlang verbinden und machte deutlich, dass Vordergründiges nur ein Teil des Ganzen ist.
Rümlang. Wer im Zug aus dem Fenster schaut, nimmt die Welt wie ein Puzzle wahr: Er fügt die sichtbaren Teile aneinander, ergänzt sie im Kopf und gewinnt so einen Eindruck der Orte, an denen er vorbeifährt. Das Bild mag vollständig wirken, doch das täuscht.
In Rümlang ist zum Beispiel der Kirchturm der reformierten Kirche ein hübscher Hingucker, der das Bild gerne prägen darf. Das nationale Denkmal ist ein würdiges Wahrzeichen für eine lebendige Dorfgemeinschaft – und ein idealer Ausgangspunkt für den Bannumgang am Buss- und Bettag. Etwa 60 Personen trafen sich beim Kirchlein, bildeten Grüppchen, tauschten Neuigkeiten aus, rätselten über die Route und freuten sich auf den gemeinsamen Spaziergang.
Der Gemeindepräsident Thomas Huber hielt die Begrüssungsansprache kurz – er wolle niemanden mit weitschweifigen Reden langweilen. Gemächlich ging’s über die Ifangstrasse unter der Bahnlinie hindurch an den Mettlenweg, der parallel zum Bahntrassee, zur Glatt und zum Flughafen verläuft. Reisende, die hier einen Blick aus dem Zugfenster werfen, können nur erahnen, wie die Flugzeuge das Leben im Rümlang beeinflussen: mit geräuschvollem Betrieb aber auch mit willkommenen Arbeitsplätzen.
Den Gleisen entlang gelangte die Gruppe zum Tanklager. Der ehemalige Betriebsleiter, Umberto Beloli, versorgte sie mit eindrücklichen Zahlen: In den 25 Tanks lagern 420 Mio. Liter Heizöl und Kerosin. Von letzterem fliessen täglich 5 Mio. Liter über eine 11 km lange Pipeline zum Flughafen. Unter Volllast können 26 000 Liter pro Minute durch das Rohr gepumpt werden. Das Tanklager prägt Rümlang mit seinen Dimensionen und seiner wirtschaftlichen Bedeutung und steht zugleich für das Geben und Nehmen: Belastung auf der einen Seite und der TAR-Fonds, in den ein Teil des Umsatzes der Tankanlage fliesst, auf der anderen. Die Gelder sind als «Genugtuung» für das verbaute Land für gemeinnützige Zwecke bestimmt.
Über die Flughofstrasse und durch den Wald wanderte die Gruppe weiter zur Grubenmann-Brücke. Hier müssen die Rümlangerinnen und Rümlanger bald eine Ausgleichsaktion hinnehmen: Mit der Glattrenaturierung will der Kanton die alte Holzbrücke zurück nach Oberglatt bringen. Rümlang habe die Brücke genommen, hiesse es dort, so Huber. Tatsächlich musste die Brücke 1950 wegen der Glattabsenkung verlegt werden. Gebaut habe sie 1767 Johannes Grubenmann , der unbekanntere von zwei Zimmermann-Brüdern, erzählte Huber.
Die Ufer der Glatt sind zurzeit noch kahl – doch der Fluss wurde stellenweise schon aus seinem Korsett befreit. Mit etwas Fantasie lässt es sich erahnen, wie die Landschaft nach der Glattrenaturierung aussehen wird. Das Naherholungsgebiet, das hier entsteht, hat zwar nicht nur Befürworter, doch steht auch dieses symbolisch für den Buss- und Bettag und befindet sich in einem Spannungsfeld von Geben und Nehmen: Der Flughafen greift in die Landschaft ein, gleicht dies aber durch neue Naturflächen wieder aus.
Der Glatt-Baustelle entlang ging’s über die rote Rumilo-Brücke zurück auf den Dorfplatz, wo es bereits nach Fleischkäse und Bratwürsten roch. Doch bevor es zu essen gab, lauschte die Gruppe dem Gottesdienst, den die vier Rümlanger Kirchen gemeinsam gestalteten. Pfarrer und Pastoren sprachen über Gemeinschaft, über das Geben und die Erwartungen, die daraus entstehen, über «Deal und no Deal», Dienen und Herrschaft. Den Einstieg machte der katholische Pfarrer Bruno Rüttimann. Er zählte auf, welche gemeinschaftlichen Aktivitäten auf dem Dorfplatz stattfinden, zuletzt die «Nacht ohne Dach», in der Jugendliche auf Karton schliefen, um Armut zu erleben und Spenden für ein Projekt gegen die Armut in Peru zu sammeln.
Daniel Baltensperger, Pastor der Viva Kirche, ergänzte mit Gedanken zur aktuellen Politik der Grossmächte und zu den Themen Macht und Profit. Philipp Baumann, Pastor der ETG Kirche, erzählte dazu passend die Geschichte von Jakobus und Johannes, die Jesus kurz vor seiner Kreuzigung um Ehrenplätze im himmlischen Reich baten. Die anderen Jünger seien empört gewesen über diese Dreistigkeit und Jesus habe daran erinnert, dass es in seinem Reich ums Dienen gehe, nicht ums Fordern. Der reformierte Pfarrer Christian König schloss mit Gedanken zum gegenseitigen Respekt und mahnte, es nicht wie die Velo- und Fussgänger an der Glatt zu halten und die Strasse für sich allein zu beanspruchen. Zum Schluss ermutigte er, einander zu helfen und zu dienen, anstatt über andere herrschen zu wollen.
Was Zugreisende nur flüchtig sehen, wurde am Bannumgang greifbar: Jedes Gespräch, jede Geschichte, jeder Gottesdienstbeitrag fügte ein Puzzle-Stück hinzu, bis ein vielschichtiges Bild von Gemeinschaft entstand.
Bernadette Dettling
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